Dr. Vasiliki Papadopoulou (Wien) „[…] über die outrirte, willkürliche Bezeichnung“. Zu den Ausgaben von J. S. Bachs Sei Solo für Violine
20.03.2017, 18:21
Zürich, Toni-Areal, Raum 5.T07,
SMG Sektion Zürich
Ferdinand David, Konzertmeister des Gewandhausorchesters und Violinlehrer am Leipziger Konservatorium, veröffentlichte 1843 die erste ‘instruktive Edition’ von J. S. Bachs Sonaten und Partiten für Violine solo (BWV 1001–1006), versehen mit Fingersätzen, Stricharten und Vortragsbezeichnungen. Dieses Paradigma wurde von zahlreichen Violinvirtuosen und -pädagogen aus dem 19. und frühen 20. Jahrhundert aufgegriffen, sodass heute über 30 derartige Ausgaben aus diesem Zeitraum vorhanden sind. Viele Editoren, mit unterschiedlichen Hintergründen, neigten dazu, ältere Werke für ihr Zeitalter passend und ‘verständlich’ darzustellen. Durch die zahlreich enthaltenen Annotationen fungieren diese Editionen als wertvolle und aufschlussreiche Quellen für die Interpretationsforschung, insbesondere für jene Jahrzehnte, aus denen keine Tonaufnahmen existieren. Der Vortrag bringt Beispiele aus solchen Ausgaben an, die einen Prozess skizzieren lassen, der sowohl auf der Durchsetzung mancher teilweise bis heute anhaltenden Traditionen und dem Zurücktreten anderer als auch auf der Innovation beruht.